Die Körpersprache und das Verhalten von Katzen verstehen: Ein umfassender Leitfaden

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Sarah WhiteheadÜber Sarah

Sarah Whitehead ist eine renommierte klinische Verhaltenstherapeutin, die in Großbritannien wohnt und sich leidenschaftlich der Entschlüsselung tierischen Verhaltens widmet. Dank ihrer Erfahrung mit Hunden und Katzen kann Sarah deren Besitzer:innen helfen, die subtile Sprache der Körperzeichen und des Verhaltens zu deuten. Sie ist überzeugt davon, dass Training und Spiel nicht nur die Kommunikation verbessern, sondern auch dauerhafte, echte Beziehungen zwischen Menschen und ihren vierbeinigen Kameraden aufbauen. Sarahs Ansatz verbindet Wissenschaft mit Einfühlungsvermögen und bietet eine neue Perspektive, wie wir das Leben unserer Haustiere bereichern und unsere Bindung zu ihnen verstärken können.

 

 

Autorist

Katzen sind unnahbar, geheimnisvoll, unberechenbar, falsch.

Mit dieser Art Adjektive belegen viele Leute mir gegenüber Katzen. Und obwohl ich die Gründe dafür verstehen kann, ist das in meiner Welt einfach nicht wahr.

In früheren Zeiten haben die Menschen Katzen vielleicht nur als Dienstleister betrachtet, die in unseren Häusern wie in einem Hotel wohnten, draußen ihrer Brotarbeit als Ungezieferjäger nachgingen und ansonsten faul in der Sonne lagen. 

Heutzutage sehen wir unsere wundervollen Fellnasen jedoch eher als vollwertige Familienmitglieder an. Als liebevolle, verspielte und kommunizierende Wesen, deren Verhalten und Körpersprache es wert sind, studiert und verstanden zu werden, damit wir die bestmöglichen Menschen für unsere Katze werden können. Und dieser Aspekt gilt für beide Seiten. Denn das Leben mit einer Katze, die unerkannt unter Stress oder Ängsten leidet, kann auch für uns ein Leben voller Sorgen und Schwierigkeiten bedeuten. Ein derartiger Zustand kann sogar zu physischen Problemen führen wie Stress-Blasenentzündungen (Feline Lower Urinary Tract Disease FLUTD), daher ist es wirklich wichtig, dass wir versuchen die Körpersprache und das Verhalten unserer Katzen besser zu verstehen.

Katzen können Stress verspüren und diesen verinnerlichen

Im Gegensatz zu Hunden neigen Katzen dazu, Gefühlsstress in sich hinein zu fressen. Dies kann enorme Auswirkungen auf ihr Verhalten, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden haben.

Eine verängstigte Katze kann uns nicht mit Worten mitteilen, dass sie sich vor dem rothaarigen Nachbarskater fürchtet oder dass ein neuer Mensch im Haus ihr Unbehagen bereitet. Und weil ihre Körpersprache so subtil ist, bleibt ihr Gefühlszustand eventuell Wochen, Monate oder gar Jahre unerkannt.

Hauskatzen sind die perfekte Blaupause der Natur für einen einsamen Jäger. Schon Leonardo da Vinci soll gesagt haben: „Die kleinste Katze ist ein Meisterwerk."

Im Gegensatz zu den großen Raubkatzen wie Löwen, die in sozialen Gruppen leben und in Teamarbeit jagen, sind unsere Stubentiger dafür angelegt, allein auf die Jagd zu gehen. Sie sind dämmerungsaktiv – also bei Tagesanbruch und abends – und haben daher diese unglaublichen Augen entwickelt, die auch bei geringen Lumenwerten so viel Licht wie möglich einfangen können, sowie ein unendlich scharfes Gehör, um selbst das kleinste Quietschen oder Rascheln ihrer Beute wahrzunehmen.

Bezeichnenderweise jagen unsere Katzen kleine Beutetiere, wie etwa Mäuse, die genau nur eine von ihnen satt machen. Sie fressen gerne allein und können, um ihren Ernährungsbedarf zu decken, bis zu zwölfmal pro Tag Jagen gehen.

Katzen teilen nicht gerne

Dieses Verhalten ist für Hauskatzen von wesentlicher Bedeutung. Da sie nicht mit ihren Artgenossen zusammenarbeiten müssen, um große Beutetiere zu erlegen, haben sie keinen Bedarf an offensichtlichen sozialen Signalen. Eigentlich teilen Katzen nicht. Zwar tolerieren einige von ihnen die Anwesenheit von Artgenossen oder scheinen sie sogar zu mögen, aber die allermeisten sind am glücklichsten, wenn sie allein über ihr Revier verfügen und nur Interaktionen zu ihren eigenen Bedingungen haben.

Diese angeborenen Bedürfnisse sind es ja gerade, was Katzen so faszinierend für uns macht: Ihre bemerkenswerte Eigenständigkeit für ein so kleines, relativ fragiles und von Natur aus verletzliches Tier. Dass sie trotzdem so abenteuerlustig und neugierig sind, sich alleine ernähren und pflegen können. Ihre erstaunliche Gewandtheit und ihr Einfallsreichtum, mit denen sie ihre Umgebung erkunden und für sich erschließen.

Sie sind derart autonom und möchten dennoch mit uns zusammen sein!

Natürlich sind wir Menschen nützlich für Katzen – wir geben ihnen Obdach, Wärme, Sicherheit, Futter und Bequemlichkeit. Aber diese Ressourcen sind nicht der einzige Grund dafür, dass Katzen mit uns zusammen sein wollen – sie knüpfen auch starke Bindungen zu uns.

Diese Zuneigung überwindet unsere artenspezifischen Unterschiede – vor allem, wenn wir lernen, zu verstehen und zu schätzen, was unsere Katzen uns auf ihre eigene, einzigartige und subtile Weise mitteilen.

Katzen lieben gute Manieren

Katzen sind sensible Wesen. Und sie legen überaus Wert auf gute Manieren! 

Die Köperhaltungen und Lautäußerungen von Katzen sind nicht offensichtlich. Sie bellen uns nicht an, wenn sie unsere Aufmerksamkeit wünschen oder beunruhigt sind. Sie springen uns auch nicht an oder wedeln mit dem Schwanz, selbst wenn sie sich sehr über das Wiedersehen mit uns freuen. 

Tatsächlich ist es – wie ich oft beunruhigten Besitzer:innen erkläre –ein echtes Kompliment, wenn deine Katze reinkommt, einmal kurz miaut, um herauszufinden wo du bist, und dann in den ersten Stock entschwindet, um sich auf deiner Bettseite ihre dreckigen Pfoten zu putzen 

Lerne die Katzensprache

Um die Katzensprache zu lernen, müssen wir Meistern der Beobachtung werden Der Unterschied zwischen einer Katze, die vor Schmerz oder Angst unbeweglich zusammengekauert sitzt, und einer, die ganz entspannt ihre Pfoten unter den Leib gezogen und den Schwanz um sich gerollt hat, ist selbst für erfahrene Katzenmenschen nicht immer leicht erkennbar. Aber man kann es lernen, und ich ich finde, das macht Spaß!

Die Mikro-Ausdrucksweisen von Katzen zu erlernen ermöglicht dir nicht nur, zu erkennen, wenn etwas nicht stimmt – und dementsprechend frühzeitig einzugreifen –, sondern auch eine bessere wechselseitige Kommunikation, die das Verhältnis zwischen dir und deiner Mieze inniger und tiefer macht.

Häufige Körpersprachen-Signale von Katzen und ihre Bedeutung:

Katzensignal

Bedeutung

Langsames Blinzeln

Vertrauen und Zuneigung

Schnurren

Zufriedenheit oder Selbstbesänftigung

Angelegte Ohren

Angst, Aggressivität oder Überreiztheit

Schwanzschlagen

Gereiztheit oder erhöhte Wachsamkeit

Bauch nach oben (aber nicht zum Berühren einladend)

Defensive Haltung, nicht immer Unterwerfung

Hier sind meine besten Tipps, um die Kommunikation mit Katzen zu fördern und ihr Verhalten noch besser zu verstehen:

1. Gib ihnen was sie brauchen (und nimm es nicht persönlich, wenn sie nicht auf deinem Schoß sitzen möchten!)

Alle Katzen haben starke persönliche Vorlieben. Ok, nennen wir es beim Namen, sie sind kapriziös. Je perfekter wir ihr Umfeld an ihre Ansprüche anpassen, desto zufriedener sind sie.

Für die meisten Katzen beinhaltet das unter anderem spezifische architektonische Aspekte: Sie leben in einer dreidimensionalen Welt, daher sollten wir bezüglich ihrer Aufenthaltsorte auch in die Höhe denken. Höhergelegene Liegeplätze, auf denen nur eine Katze bequem Platz findet – wie etwa ein Bücherbord oder ein spezieller Katzenturm – stehen auf ihrer Wunschliste ganz oben.

Katzen lieben höfliche Manieren. Das bedeutet, dass sie lieber selbst auf jemanden zugehen als dass sich ihnen jemand nähert. (Dies ist die Erklärung dafür, dass genau solche Leute, die keine Katzen mögen, sie magnetisch anziehen!). Viele von ihnen genießen deine Gesellschaft am liebsten neben dir sitzend, ohne vollen Körperkontakt zu benötigen. Nicht alle sind Schoßkatzen – genau wie Menschen auch ein unterschiedliches Bedürfnis nach Nähe verspüren. Wenn man das erkennt, akzeptiert und respektiert, kann es viel von dem Vertrauen schaffen, das sich die meisten Menschen von ihren Katzen wünschen.

2. Lerne die Körpersprache und subtilen Signalsysteme deiner Katze verstehen

Viele lernen es erst auf die harte Tour, dass ein leichtes Schwanzzucken das erste Anzeichen für Unzufriedenheit einer Katze ist. Es ist natürlich viel besser, solche subtilen Signale rechtzeitig zu erkennen – und darauf zu reagieren, indem man die Interaktion mit der Katze beendet –, als so lange zu warten, bis ihr Unmut über dein mangelndes Verständnis sie dazu treibt, mit dem Schwanz zu peitschen, zu kratzen und beißen oder wegzurennen.

Katzen sind nicht hinterlistig. Sie sind subtil, das ist ein großer Unterschied.

3. Verstehe die Geruchs-Sicherheitssysteme deiner Katze

Die meisten Menschen erschließen sich Informationen über ihre Umwelt in erster Linie per Augen und Ohren. Bei Katzen geschieht das vorrangig über den Geruchssinn.

Das bedeutet, dass sie ein Reihe verschiedener Geruchssysteme verwenden, die ihnen ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Zufriedenheit vermitteln und signalisieren, dass alles wie gewohnt und in Ordnung ist. Einer der Gründe dafür, dass Katzen sich an uns reiben – sie möchten, dass wir so duften wie sie. Sie können uns im wahrsten Sinne des Worts gut riechen und erkennen uns (oder andere Haustiere) besser daran als durch visuelle Identifizierung. Daher müssen sie diesen „ Clan-Geruch“ alle paar Stunden auffrischen, damit er sie ständig rückversichert.

Es ist eine Information, die deine Katze unbedingt braucht, um sich wohlzufühlen. Stell dir also mal vor, wie erschreckend es für sie sein muss, wenn sie plötzlich mit einem Fremden im Haus konfrontiert wird – ganz gleich, ob das dein neugeborenes Baby oder deine neue Liebe ist oder vielleicht nur eine Artgenossin, die sie schon ewig kennt und liebt, die aber nach einem Tierarztbesuch fremd riecht.

4. Unterschätze die Auswirkungen von emotionalem Stress nicht

Allzu oft erzählen mir Besitzer:innen, ihre Katze sei „unartig“, weil sie an Möbeln kratzt, das Haus mit Urin markiert, auf die Bettdecke pinkelt oder sich aggressiv verhält. Manchmal unterstellen sie ihr sogar, sich „rächen" zu wollen, z.B. weil ihre Menschen weg gewesen sind. 

Das ist leider eine riesengroße Fehlinterpretation, die zudem weitere negative Auswirkungen auf die Katze nach sich zieht.

Als erfahrene und zertifizierte klinische Tierverhaltensforscherin weiß ich, dass jede Verhaltensauffälligkeit einer Katze entweder durch ein verborgenes klinisches Leiden oder eine ebensolche emotionale Störung – oder beides zugleich – verursacht wird.

Verhaltensprobleme treten niemals grundlos aus heiterem Himmel auf.

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass jede Verhaltensänderung deiner Katze tierärztlich untersucht wird und man der Ursache wirklich bis ins Letzte auf den Grund geht. Nahezu die Hälfte aller meiner Fälle im letzten Jahr hatten eine klinische Komponente – und das sind nur die, die diagnostiziert wurden! Grundsätzlich gilt: Wenn sich deine Katze in irgendeiner Weise ungewöhnlich verhält, ist das eine tierärztliche und verhaltenstherapeutische Untersuchung wert.

Danach ist der nächste Schritt die Berücksichtigung sämtlicher Aspekte für das emotionale Wohlergehen der Katze. Gesundheit und Wohlbefinden sind bei Katzen untrennbar miteinander verbunden, und wir sind es ihnen schuldig, für beides zu sorgen. Das Gute dabei ist, dass sich manchmal sogar schwierige Verhaltensprobleme durch relativ einfache, unkomplizierte Veränderungen „kurieren“ lassen. Katzen reagieren sehr sensibel auf ihre Umgebung und Tagesabläufe sowie auf unser Verhalten. Das ist Fluch und Segen zugleich!

Nimm dir Zeit, mit deiner Katze zu spielen

Wusstest du, dass du das Verhältnis zu deiner Katze einfach durch Spielen und Abwechslung verändern kannst? Ich wette, dass du jetzt zustimmend nickst ...aber ziehst du daraus auch praktische Konsequenzen?

Katzen lieben es, zu spielen. Viele sind sehr intelligent und finden es toll, dabei trainiert zu werden. Aber wer von uns macht sich wirklich die Mühe, ihnen etwas beizubringen und auf diese Weise in einen Austausch mit ihnen zu treten?

Es gibt bei Katzen – ebenso wie bei Hunden oder Menschen – unterschiedliche Lerntypen. Im Allgemeinen mögen sie kurze, häufige Spieleinheiten mit genau der richtigen Dosierung von Bewegung und Geräuschen, um sie zu interessieren, aber nicht zu erschrecken. Viele Katzen reagieren gut auf ein Training mit kleinen aromatischen Leckerlis zur Motivation oder Belohnung, während andere Apportierspiele oder sich schnell bewegende Spielsachen bevorzugen.

Es macht Spaß, herauszufinden, welche Art Spiele deiner Katze am liebsten ist und gehört zu einem proaktiven Haltungsstil. Als Verhaltensspezialistin kann ich nur bestätigen, dass Spaß im Verhältnis zwischen Katzen und Menschen enorm viel zu bewirken vermag und oft vernachlässigt wird. Er ist ein Bindeglied, das ein Leben lang hält. 

Indem du lernst, die subtilen Signale deiner Katze zu deuten, ihr ein bedürfnisgerechtes Umfeld zu bieten und emotionale oder Verhaltensprobleme mit Einfühlungsvermögen, Geduld und Fürsorge anzugehen, kannst du ihr Wohlbefinden verbessern und eure Beziehung stärken. Das Verständnis der einzigartigen Natur von Katzen wird dir helfen, ein optimaler Mensch für deinen Stubentiger zu sein und deinem tierischen Freund ein glückliches, gesundes Leben zu verschaffen.